… In all den Millionen von Jahren hat sich der Pratomagno dem Fluss standhaft widersetzt. So wird der Arno gezwungen, das ganze Casentino-Tal hinunter in südlicher Richtung um den Pratomagno herum zu fliessen, bevor er seinen Lauf zurück, nordwärts durch das Valdarno Richtung Meer nehmen kann. Einen Umweg von guten 110 km, den der Pratomagno dem armen Arno auferlegt.
Gegen den Pratomagno steht nicht nur der Arno auf verlorenem Posten, am 7. Januar 1933 scheiterte hier auch der Flugpionier Herbert John Louis (Bert) Hinkler. Er bezahlte dies mit seinem Leben. Hinkler, 1892 geboren, stammte aus Bundaberg in Queensland/Australien. Im 1. Weltkrieg diente er als Pilot in der britischen Royal Air Force. Nach dem Krieg betätigte er sich als Testpilot, Erfinder (erstes Wasserflugzeug) und Flugpionier (u.a. zweite Solo-Überfliegung des Atlantiks nach Charles Lindbergh). 1928 stellte er mit 15 ½ Tagen einen ersten Geschwindigkeitsrekord für die Flugstrecke von London nach Australien auf (Streckenplan dieses Fluges siehe unten). Der Rekord wurde danach unterboten, deswegen wollte er ihn Anfang 1933 zurückholen. Er startete im Morgengrauen des 7. Januar auf dem Flugplatz Feltham in London und überflog um ca. 11.00 Florenz. Allem Anschein nach geriet Hinkler mit seiner einmotorigen Puth Moss kurz darauf in einen Sturm und zerschellte an einer Flanke des Pratomagno. Die abgestürzte Maschine wurde erst am 27. April 1933 gefunden. Die Leiche Hinkler’s lag so neben dem Wrack, dass daraus geschlossen wurde, dass dieser den Absturz vorerst überlebt hatte. Zu seinen Ehren wurde am 1. Mai 1933 in Florenz ein Staatsbegräbnis abgehalten. Hinkler’s Grab befindet sich heute noch in dieser Stadt auf dem Friedhof «Cimitero degli Allori».
2015 hat die Alpenclub-Sektion von Arezzo auf dem Pratomagno einen «Hinkler-Gedenkweg» («Hinkler Ring»; «Percorso Hinkler») erstellt. Start- und Zielpunkt ist das gemütliche Ristorante «da Giocondo». Dieses liegt auf rund 1400 m ü. M. auf der Casentino-Talseite des Pratomagno. Der Weg zieht sich anfangs während rund 1 ½ Stunden durch reine Buchenwälder, vorerst abfallend und danach ziemlich stark ansteigend. Auf halbem Weg in diesem Streckenteil befindet sich das «Hinkler Memorial». Es besteht aus einer Gedenktafel an einem Basalt-Felsbrocken, der vom Strand in Bundaberg, wo der junge Bert Hinkler mit einem selbstgebauten Hängegleiter seine ersten Flugversuche machte, hierher transportiert wurde.
Hat man die Buchenwälder hinter sich gelassen, steigt es nochmals kurz an. Dann steht man auf der Krete des Pratomagno. Silberdisteln und Erika-Stäucher lassen einen vergessen, dass sich dieser Ort immer noch in der Toskana befindet. Der «Percorso Hinkler» verläuft nun nochmals für ca. 1 ½ Stunden auf der Krete hoch zum «Cippo Hinkler», einer älteren Gedenktafel, und zum Croce del Pratomagno. Von hier aus hat man eine atemberaubende Sicht in alle Richtungen. Weit unten sieht man die Gemeinden des Arno- und des Casentino-Tals. Wenn es nicht zu dunstig oder neblig ist, kann der Blick gar bis nach Florenz, zum Lago di Trasimeno oder Monte Amiata in der Südtoskana reichen. Das Bergkreuz ist ein beliebter Ausflugspunkt – Fotografendienste sind sehr gefragt!
Vom Croce del Pratomagno geht es nun wieder bergabwärts zum Ausgangspunkt. Nach knapp vier Stunden abwechslungsreiches Hinauf und Herunter ist der Durst und Hunger gross. Glücklicherweise wird man im Ristorante «da Giocondo» bestens versorgt … bei in dieser Höhenlage äusserst angenehmen Temperaturen. Zum Glück, denn der Propeller, mit dem hier auch der Royal Queensland Aeroclub noch ehrend beitragen will, könnte keine zusätzliche Kühlung verschaffen.